Die Hasen versammelt um die heroische Figur am Theseus Tempel, dicht gedrängt um sie herum - eine Skulptur -
teil der Installation, deren Charakteristikum ist zu den Rändern hin auszulaufen, sich zu vermischen,
die Umgebung zu infiltrieren zu unterlaufen, sich auszubreiten.
In den Parcours selbst aber auch in seinen Urbanen Kontext, die Stadt.
Natürlich wurde gesagt, daß hier Humor den brutalen Zeitkontext trifft – Die Stadt, oder besser, ihre Einwohner haben Humor bewiesen, Wien hat sich gewandelt, viele haben mitgemacht die Hasen befreit, mit, in die Cafehäuser, überall hin, nach Hause, genommen, an zwei Tagen war die Innenstadt Wiens voll von Angst-Hasen- Ballons Auf-Geblasen – die Installation geglückt.
Aber durch den Theaterkontext der Installation entsteht eine zusätzliche Dimension der Ambivalenz. Diese liegt in der Materialisierung der Vermischung von Kritik und Affirmation - in dem ich als Publikum gleichzeitig aktiver Kritikkörper - Träger, aber durch die -
unterstellte- Unfreiwilligkeit, das aufgedeckte Kritikobjekt bin. Hier verläuft die unsaubere Grenze zum Theater : „Das Theater ist immer Teil dessen, was es kritisiert und es zeigt immer auch auf sich selbst, wenn es auf andere zeigt.
„ - und somit ein Dilemma, das sich bereits auch weit außerhalb der sich selbst als „Theater“ bezeichnenden Gesellschaftsgruppen ausgebreitet hat - Gerade in Wien, lässt sich der Begriff Welttheater - alles ist Theater - als Begriffsansicht behaupten.
Die Installation steht also zwischen Kritik und Affirmation. - folgen sie der Hasenfährte - folgen sie dem weissen Angst-Hasen durch Wien - den Hasen in der Hand, als Erkennungszeichen - mit einem Erkennungszeichen durch Wien laufen. - als Täter Opfer werden und als Opfer Täter werden. Die Installation wechselt immer die Seiten, wie der Hase Hacken schlägt.
Über den psychologischen Kontext eines spezifischen urbanen Ballungsraums hinaus, in dem Menschen wie Freud ihre Beobachtungen interpretierten – da Angst der Grund für Verachtung, Hass und Vernichtung ist – der Grund auf dem die Wiedererstarkung der politischen Rechten in Wien und Europa, der fast widerstandslosen Vormärsche der leider immer vielfältiger werdenden faschistischen Bewegungen in Europa und Österreich – natürlich auch Wien. Aber auch dem scheinbaren Gegenteil der Angst: keine Position (dagegen!) oder auch Grundsätzlicher keine Position, Darinnen liegt aber noch viel mehr – wie die persönliche Angst die ich in dieser Ballonform >nur< und einfach loslassen kann – dann wird sie genauso einfach davonfliegen ... oder sie platzen lassen kann etc... .... man könnte also die Angst-Ballons einfach los lassen, fahren lassen - aber es gibt immer einen Grund ihn zu behalten.
Vom Hasen also verführt, wie Alice dem Märzhasen oder Edmund de Waal selbst dem Hasen mit den Bernsteinaugen, folgend erschliesst sich das Dickicht der Unterwelt des verlorenen Gedächtnisses. Es regnet und ist früh kalt geworden, dieses Jahr.
Wir liefen also mit hochgestelltem Kragen durch den nasskalten Regen den Angst-Hasen an der Schnur durch die Stadt – von einem Platz zum anderen.
Foto: Marlene Rahmann
Der Gegenpol - auf dem Weg - das schweigende Palais Ephrussi das nur noch Umzugskartons und die Stimme japanischer Rückkauf-Verhandlungsgespräche beherbergt – Aiko – Porzellan-Puppe die den Bernstein tanzt. Später das Asylwerber-Protest-Camp-Memorial - der Versuch ein Memorial in der Welt zu halten - Ein Memorial für das Asylwerber Protest-Camp selbst gebasteltes Camp, jüngster Geschichte von Ausgrenzung der Migration.
Wieder nicht politisch, denn das Politische kalkuliert anders....
Die Geschichte Wiens installieren – den zentralen Abschnitt in de Waals Roman „Man diskutierte ob Österreich als unabhängiger Staat überhaupt lebensfähig sei“ – 1918 aus „Der Hase mit den Bernsteinaugen“. Es geht hier um Miniaturen. Präziser Netsuke.
Netsuke, diese Japanischen Miniaturskulpturen kamen im ausgehenden 17. Jahrhundert, mit dem , in Japan, erstarkenden Bürgertum, ebenda in Mode, als der Kimono, als Alltagskleidung ausser Gebrauch geriet, Japan „Europäisiert„ / globalisiert wurde, aus dem langen Schlaf des Inseldaseins, der Zen-Illusion des ewig Gleichbleibenden in den Strom des Weltgeschehens hinein- und fort-gerissen wurde und sich entsprechend ungeschliffen, wieder brutal, in dieses eingemengt hat. Ein Schock für alle Beteiligten und in Mitleidenschaft gezogenen – Gozilla, das Monster- Dinosaurier-Ei das plötzlich in die „falsche“ Zeit hinein aus-schlüpft. Wie das Teeservice – elegant in hoher Kunstfertigkeit in einer plötzlich veränderten Zeit zum Hass-Objekt uminterpretiert und mit dem Sekretär in den Hof geschmettert wird um mit den elaborierten, vielleicht sogar parfümierten Briefen, am Steinboden einer vor lauter Orientierungslosigkeit wahnsinnig gewordenen Mehrheit zu zerschellen.
Am nächsten Tag, kein Regen mehr, es ging den Leuten grundsätzlich besser.
Foto: Kazuko Kurosaki
Konzept / Installation / Regie: Thomas J. Jelinek
dramaturgische Begleitung und Performance: Alexander Emanuely Performance: Aiko / Kazuko Kurosaki Samuel Minegibe Ekeh Aika Mishina Und: Luke Baio Desislava Gudjunova Gabriella Iszlay Yunus Ozbek Katharina Jesberger