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PIMEX – Visualisieren von Humanschwingungen mit der PIMEX Methode
 
Zusammenhänge zwischen einem Arbeitsvorgang, den Belastungen durch Humanschwingungen, sowie Lärm und medizinische Daten der Beschäftigten können durch die PIMEX-Methode visualisiert werden. Videokamera und direktanzeigende Messgeräte für Vibrationen sowie medizinische Daten sind die Grundlage, um Belastungsverläufe direkt mit der momentanen Tätigkeit am Arbeitsplatz in Verbindung zu bringen. Die Daten sind jederzeit abrufbar und stehen für weitere Analysen zur Verfügung.

PIMEX ist eine Methode, um Belastungen am Arbeitsplatz sichtbar zu machen. Die Observation von Arbeitsabläufen in Kombination von Video und Messdaten eröffnet viele Möglichkeiten der Analyse und Lösungsfindung. PIMEX ist jedoch nicht nur eine Methode, um Belastungen am Arbeitsplatz zu visualisieren, sondern bietet auch die Möglichkeit Zusammenhänge verschiedener Belastungen und die spezifische Beanspruchung für den arbeitenden Menschen erkennbar und erklärbar zu machen.

Die PIMEX Methode wird seit vielen Jahren erfolgreich zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen eingesetzt. Prof. Gunnar Rosen vom National Institute for Working Life in Schweden gilt als Erfinder und Wegbreiter der PIMEX Methode und ist überzeugt: „Die entwickelten Strategien zur Verbesserung von Arbeitsplätzen durch PIMEX haben ihre Effektivität unter Beweis gestellt“.[1] Seit 1997 forscht und entwickelt die KOHS – kviecien occupational health solutions in enger Zusammenarbeit mit der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) im Bereich der PIMEX Methode. Der Schwerpunkt liegt bisher in der praktischen Umsetzung einer betrieblichen Verbesserungsstrategie im Umgang mit Gefahrstoffen. Neben der Analyse von Belastungen am Arbeitsplatz steht die Partizipation der Mitarbeiter und deren Information über schwer vermittelbare Inhalte der Prävention im Vordergrund. Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz in Bilbao hat PIMEX als eine der effektivsten Methoden zur Kommunikation von Informationen über Gefahrstoffe erkannt und im Rahmen der Abschlussveranstaltung der Europäischen Woche für Gefahrstoffe vorgestellt.

Das Funktionsprinzip der PIMEX Methode

Die PIMEX Methode bezeichnet die synchrone Erfassung und visuelle Darstellung von Arbeitsplatzbelastungen und medizinischen Daten von Beschäftigten in Echtzeit. Ein Arbeitsablauf wird mit einer Videokamera gefilmt, gleichzeitig werden über direktanzeigende Messgeräte auftretende Belastungen (wie Lärm, Vibrationen, Stäube) aber auch medizinische Daten (Herzfrequenz, Atemfrequenz) erfasst und mit dem Video synchron gespeichert. Die Daten sind jederzeit abrufbar und stehen für weitere Analysen zur Verfügung. Durch die Möglichkeit Belastungsverläufe direkt mit der momentanen Tätigkeit des Beschäftigten in Verbindung zu setzen, lassen sich Zusammenhänge zwischen dem Arbeitsablauf, den vorherrschenden Belastungen aber auch der spezifischen Beanspruchung erkennen und Maßnahmen gegen Spitzenkonzentrationen ableiten.

5 Elemente des PIMEX Systems

Zur Durchführung der PIMEX Methode sind folgende 5 Elemente notwendig. Über einen Datenlogger werden die Messwerte aus direktanzeigenden Messgeräten an die zentrale Einheit (Highend-Notebook) übertragen und mittels der PIMEX Software online mit dem Videobild des Arbeitnehmers verknüpft.

Die Möglichkeiten der digitalen Informationstechnologie

Nach Abschluss einer PIMEX Observation stehen die Daten zur sofortigen Weiterverarbeitung zur Verfügung. Die Observation kann direkt vor Ort mit den Mitarbeitern angesehen und besprochen werden. Zur Gliederung und zur besseren Navigation kann eine PIMEX Observation mittels sogenannten Events markiert werden. Besonders bei längeren Aufnahmen dienen Events zur Strukturierung und Dokumentation markanter Ereignisse.

PIMEX sorgt auch für eine Verbesserung des Austausches von Information und Wissen. Denn neben der Erzeugung von Wissen, für die PIMEX ein optimales Werkzeug darstellt, sind die Bewahrung und Weitergabe dieses Wissens wesentliche Aufgaben in der Präventionsarbeit.

Grundlage für einen reibungslosen Ablauf im Umgang mit PIMEX ist ein wohlgeformtes Software Konzept. Die KOHS legt hier besonderen Wert auf die Zusammenführung unterschiedlicher Bedürfnisse der Benutzer. Herr Ing. Hubert Novak von der AUVA betont stets: „Das System soll so einfach wie möglich aufgebaut sein. Um einen Betroffenen gleich an seinem Arbeitsplatz einzuschulen, genügt oft ein Messbalken.“ Anhand des Messbalkens kann der Betroffene leicht erkennen, bei welcher Tätigkeit die Belastung hoch ist. Jede weitere Information auf dem Bildschirm würde die Aufnahme des Wesentlichen erschweren. Für den Experten ist es andererseits von Bedeutung, umfangreiche Informationen erfassen und bearbeiten zu können.

Vom Messen zum Managen

In der Praxis werden die Bemühungen oft darauf ausgelegt, mittels Messungen am Arbeitsplatz Überschreitungen von gesetzlichen Grenzwerten festzustellen und die Einhaltung der Grenzwerte wird oft als ausreichend empfunden. Grenzwerte haben jedoch wenig Aussagekraft, ob eine Belastung für einen bestimmten Menschen in einem tolerierbaren Bereich liegt. Einerseits ist jeder Mensch unterschiedlich belastbar und andererseits ist es nahezu unmöglich exakt Quantität und Auswirkung der Belastung zu messen. Erst recht schwierig wird eine Risikobestimmung, wenn mehrere Belastungen gleichzeitig auftreten.

Auch im Bereich Humanschwingungen existieren immer noch Wissensdefizite über deren Auswirkungen. Zusammenhänge sind komplex, Ursachen für das Entstehen von vibrationsbedingter Weißfingerkrankheit teilweise unklar. Oft ist daher auch die Festlegung spezifischer Präventionsmaßnahmen schwierig[2].

Viel wichtiger als messen ist das Managen des entstehenden Belastungsspektrum. Bei der PIMEX Methode wird auf diesen Umstand besonderen Wert gelegt. Nicht die exakte Bestimmung der Belastung steht im Vordergrund, sondern die relativen Spitzenbelastungen in Relation gesetzt zu dem jeweiligen Arbeitsablauf. Durch Visualisieren dieser Zusammenhänge von Belastung und Situation entstehen mehrere Ansatzpunkte um das Gefahrenrisiko zu managen: gemeinsame Analyse und Lösungsfindung mit dem Betroffenen, Dokumentation, Information, Kommunikation.

Management bedeutet aber in erster Linie Führung. Damit Gesundheit der Mitarbeiter und Arbeitsplatzoptimierung auf Basis gesundheitsförderlicher Aspekte Ziele der Führungsebene werden, müssen Führungskräfte mehr auf die Möglichkeiten der Prävention aufmerksam gemacht werden. Erfahrungen zeigen, dass durch PIMEX das Management von Unternehmen zu vermehrten Investitionen in Sicherheit und Gesundheit seiner Mitarbeiter bereit sind.

Wesentlich für die erfolgreiche Durchführung eines PIMEX Einsatzes im Betrieb ist das strukturierte Vorgehen, wobei vor allem auf die Einbeziehung aller Beteiligter großer Wert gelegt wird.

PIMEX als Beitrag zur Qualitätssicherung

PIMEX kann auch als Beitrag zur Qualitätssicherung gesehen werden. Beim Messen, besonders wenn exakte Werte benötigt werden, können Messfehler zu einer falschen Einschätzung führen. Fehlerquellen lauern überall: das Messgerät, die Messanordnung, Datenaufzeichnung und –auswertung bergen die Gefahr, Fehldaten zu erzeugen. Es besteht Bedarf an standardisierten Messprozeduren[3]. Es besteht Bedarf an begleitenden Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Die Dokumentation des gesamten Messverlaufes mittels Video ist integraler Bestandteil bei einer PIMEX Aufzeichnung. Viele Fehlerquellen, wie die Zuordnung von Messdaten zu Arbeitsabläufen, Maschinen oder Mitarbeitern werden dadurch von vornherein ausgeschlossen.

Vergleichsanalysen von Maschinen

Bei Vergleichsmessungen von Maschinen mit einer PIMEX Messung wird der Vorteil einer integrierten Dokumentation in Form einer Videoaufnahme deutlich. Der angestellte Vergleich ist für Hersteller überprüfbar, die Ergebnisse können sofort für den weiteren Entwicklungsprozess der Maschinen herangezogen werden. Engagierte Hersteller, die viel Aufwand für herausragende Maschinen einsetzen, erhalten ein Instrument ihr Engagement zu belegen.

Interessant ist ebenfalls der Vergleich entstehender Belastungsspektren an der selben Maschine im Betrieb im Laufe eines definierten Zeitraumes. Hier können Veränderungen der Schwingungsbelastung identifiziert werden, die mitunter durch die Handhabung des Mitarbeiters, durch Verschleiß oder anderer Betriebseinflüsse (Staubablagerungen) bedingt sind. (Gründe für Unwuchten bei rotierenden Maschinen, die zur Schwingungserregung führen[4].)

Analyse der Beanspruchung durch Biomonitoring

Mit PIMEX können auch Biomonitoring-Daten wie Herzfrequenz und Atemfrequenz verarbeitet werden. Die erfassten medizinischen Daten können in Relation mit dem Arbeitsablauf und gleichzeitig auftretenden Belastungen gesetzt werden. Dies eröffnet die Möglichkeit die spezifische Beanspruchung des Menschen festzustellen. Wie ist der körperliche Zustand des Arbeitnehmers? Der physiologische Zustand eines Menschen bestimmt im allgemeinen ebenso die Auswirkung bestimmter Belastungen auf seine Gesundheit wie seine psychische Verfassung.

Als gut kommunizierbare Beanspruchungsindikatoren erweisen sich die Herzfrequenz und die Herzratenvariabilität (HRV). Belastungen durch Vibration und Lärm beeinflussen die Herzratenvariabilität[5]. Ob und in welcher Form der Einfluss von Humanschwingungen auf die Herzratenvariabilität als globalen Beanspruchungsindikator sinnvoll mit der PIMEX Methode verknüpft werden kann, wird die KOHS im Rahmen eines Forschungsprojektes erarbeiten.

Die KOHS hat speziell für die Anforderungen einer PIMEX Observation ein Messgerät zur Erfassung von medizinischen Daten entwickelt.

PIMEX in der Forschungsarbeit

Die umfangreichen Möglichkeiten der PIMEX Methode kommen besonders im Rahmen von Forschungsprojekten zur Geltung. Bei einem derzeit laufenden Projekt über Kühlschmierstoffnebel findet der Einsatz der PIMEX Methode großen Zuspruch. In der Metallbearbeitung werden Kühlschmierstoffe (KSS) bei nahezu allen Fertigungsschritten einerseits zur Kühlung von Werkstück und Werkzeug, andererseits zur Schmierung der Kontaktflächen eingesetzt. Beschäftigte, die KSS-Nebeln ausgesetzt sind, reagieren vielfach mit Atemwegs-, Haut- und Augenerkrankungen und allergischen Reaktionen auf deren komplexe chemische Zusammensetzung.

Die KOHS plant ein umfassendes Forschungsprojekt in der Metallindustrie wo auch unterschiedliche Einflüsse auf die Herzratenvariabilität untersucht und mittels der PIMEX Methode visualisiert werden sollen. Das Projekt nennt sich POP Metall[6] (Prozessoptimierung mittels PIMEX Methode in metallbearbeitenden Betrieben) und verfolgt das Ziel, Aspekte der Gesundheitsförderung in die Planungsprozesse von Arbeitsplätzen und Arbeitsabläufen zu integrieren.

Prävention wird lebendig

Seien es belastende Stoffe in Form von Staub oder Lösungsmitteldämpfen. Bei Styrol-Arbeitsplätzen, oder dort wo Kühlschmierstoffe zum Einsatz kommen. Ob Staubbelastungen in Bäckerein oder Lärm und Vibrationen bei der Forstarbeit. Mit PIMEX werden die vielschichtigen Gefahren für den Arbeitnehmer begreifbar. „Wir haben eine PIMEX Messung bei der Forstarbeit durchgeführt. Lärm und Vibrationen wurden gemessen und gleichzeitig dargestellt. Wir haben aus diesem Material einen Lehrfilm erstellt, der auf breites Interesse gestoßen ist.“, schildert Ing. Thomas Manek von der AUVA.

Viele Gesundheitsschäden, die Menschen in Betrieben erleiden sind vermeidbar. Zu einer großen Anzahl an Gesundheitsrisiken gibt es Publikationen. Oftmals gibt es einfache Lösungen um das Risiko zu minimieren, durch seine Arbeit krank zu werden. Die Herausforderung besteht darin, das vorhandene Wissen über bessere Arbeitsbedingungen und besseres Verhalten am Arbeitsplatz den Betrieben zugänglich zu machen und die Akzeptanz der Mitarbeiter gegenüber Veränderungen zu erhöhen. Diese Herausforderung lässt sich mit PIMEX bewältigen. Mitarbeiter wie auch Verantwortliche im Betrieb verstehen plötzlich den Sinn von Prävention.

Literatur:
[ ] Rosen G. (1999) WISP. Workplace Improvement Strategy by PIMEX. Final report to the European Commission; SAFE project no. 97 202356 05F05.
[2] Gemne G. (1998) Vibration-induced white fingers – knowledge deficits, 8. Int. Konferenz Hand-Arm Schwingungen, 1998, Umea, Schweden, (Bericht S. 18)
[3] vgl. Schenk Thomas, Gillmeister F, „Investigations in the precision of vibration measurements for the declaration of emission values for hand-held machines”, 8. Int. Konferenz Hand-Arm Schwingungen, 1998, Umea, Schweden, (Bericht S. 85)
[4] vgl. Rainer Flesch, Auswirkungen mechanischer Schwingungen, Kursunterlagen AUVA
[5] Lin Li, Zhang Qiang, Wang Lin, (1998) A study of the effects of vibration and noise on heart rate variability and mean artery blood pressure in drilling workers in gold mine, 8. Int. Konferenz Hand-Arm Schwingungen, 1998, Umea, Schweden, (Bericht S. 63)
[6] Projekt POP Metall: http://www.pimex.at/pop-metall
Kviecien H. (2003), Gefahren am Arbeitsplatz visualisieren, Wasser, Luft und Boden (WLB), Oktober 2003
Kviecien H. (2002), Pimex Einsatz bei der VAEE im März 2002. One Health Forum, http://oh-forum.themenplattform.com/108340.3

dieser Artikel ist erstmals im Rahmen der VDI Veranstaltung Humanschwingungen, Auswirkung auf Gesundheit - Leistung - Komfort erschienen. (VDI Berichte Nr. 1821, 2004)


Metainfo:
Autor: Harald Kviecien; Copyright: Harald Kviecien, KOHS; Publiziert von: Harald Kviecien (kviecien)
factID: 151759.1; Publiziert am 31 Mär. 2004 18:39
 
Verweis(e) (2):