"Seit
dem Neolithikum hat jede neue Technologie eine positive und negative
Auswirkung für die Menschen gehabt. Es gibt keine Technologie, die nur
gut für die Menschen ist. Sogar mit einem Brotmesser kann man einem
anderen Menschen den Hals abschneiden. Meist kann man nicht sagen, was
positiv und was negativ ist. Von der nuklearen Energie hat man sich
viel versprochen, aber sie hat sich als recht peinliche Geschichte
erwiesen. [...] Jetzt ist es schon wieder Mode, gegenüber dem Internet oder World Wide Web Enthusiasmus entgegen zu bringen. [...]
Durch das Internet werden gewisse Pfeiler des Kapitalismus erodieren. Das
ist kein Mittel der Demokratisierung. Wenn man die Freiheiten erwürgt, die
das Internet eröffnet, errichtet man sicher gleichzeitig große
Hindernisse auf dem Weg zur freien Kommunikation. [...]
Es
gibt eine Technoevolution, die nach ähnlichen Gesetzen abläuft wie die
biologische. Früher hatte man geglaubt, daß es durch die Entwicklung
der Computertechnologie bald zur Realisierung einer Künstlichen
Intelligenz kommen wird. Aber man hat gesehen, daß dies sehr viel an
Mühe und Geld kosten wird und vor allem Fertigkeiten verlangt, die man
noch nicht hat. Deswegen geht diese Welle der technischen Entwicklung
jetzt nicht in Richtung der Künstlichen Intelligenz, sondern in die der
technologischen Verbindungen, also hin zu Netzen. Das ist billiger und
bringt dem Kapital mehr Erträge ein. [...] Die
Technoevolution kann man ebenso wenig steuern wie die biologische. Wir
können die biologische Evolution zumindest jetzt noch nicht steuern.
Aber das könnte durch die Gentechnologie noch kommen. Wir stehen am
Anfang einer Epoche, vor der mir ein bißchen graut. [...] "
(Stanislaw Lem im Gespräch mit Florian Rötzer // 27.03.2006)
Mit: Harald Jokesch Simone Fuith Bert Könighofer B*indi T.J.Jelinek