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kritik habermas 013 kleine veränderung von mira
 
tionalität“, d. h. eine gewisse Zurechnungsfähigkeit unterstellt, kann er ihn nur in dem Maße verstehen, wie er seine Gründe auch ernst nimmt. Bei dieser Einschätzung/ Bewertung der Gründe misst der Interpret mit dem Maß, das zur Zeit „für alle Parteien verbindlich betrachtet wird“ . Habermas nennt dieses Maß „Rationalitätsstandards“, denen er keineswegs per se Vernünftigkeit zuschreibt, in denen er aber die Bewertung von Gründen für Aussagen den Erkenntnissen aus „Disziplinen wie die der Logik und der Metamathematik, der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, der Linguistik und Sprachphilosophie, der Ethik und Handlungstheorie, der Ästhetik, der Argumentationstheorie usw“ und damit den allgemein anerkannten Wissenschaften unterstellt und zugänglich macht. Korrekterweise bemerkt Habermas, dass alle Wissenstypen, ebenso wie die rationalen Rekonstruktionen, nur hypothetischen Charakter haben und weiterer Überprüfungen und Bestätigungen bedürfen. Auf diese Weise zeigt er mit den Grenzen seiner Hermeneutik zugleich die aller Wissenschaften auf, reiht seine Methodik also auch in dieser Hinsicht in den allgemeinen wissenschaftlichen Diskurs ein.

In den rationalen Rekonstruktionen und deren Bewertung wird Habermas auch Platon gerecht, für den wahrer Glaube erst nach Aufweisen seiner Gründe Wissen ergibt (siehe Platon).

Wissenschaftliches Verstehen – WARUM?

Gehen wir nun der Frage nach, warum wissenschaftliches Verstehen überhaupt notwendig ist, müssen wir zuerst das Ziel von Wissenschaft selbst in den Blick nehmen. Das Ziel von Wissenschaft ist Wahrheit. Wie ist nun Wahrheit über den Menschen zu finden? Habermas verweist mit der Unterscheidung der zwei Sprachmodi auf zwei mögliche Wege.

Mit dem ersten, rein kognitiven Sprachmodus, in dem mit Aussagen lediglich eine Beziehung zwischen Sätzen und der Welt hergestellt wird, finden diejenigen Wissenschaften ihr Auslangen, die die Dinge nur "beschreiben, erklären oder voraussagen" wollen, z. B. Chemie, Physik,... also gemeinhin die Naturwissenschaften. Als Beispiel sei hier die abendländische Sichtweise von Gesundheit, die, medizinisch geprägt, den Menschen in erster Linie als Menge von körperlichen Funktionen und Dysfunktionen (Krankheit) beschreibt. Um die Ursache einer Krankheit zu ergründen ist in dieser Sichtweise keine Eibeziehung von Individuen in einen Kommunikationsakt notwendig. Heute rückt immer mehr ins Bewusstsein, dass Gesundheit mehr ist als die Abwesenheit von Krankheit, dass das geistige und seelische Wohlsein des Menschen Einfluss auf die Gesundheit haben kann und dass somatische Beschwerden und Reaktionen ihre Ursache auch in der Psyche und in der sozialen Umwelt haben können.
Um also im wissenschaftlichen Sinne wahre Aussagen über Krankheit und deren Ursachen in der Bevölkerung treffen zu können ist es notwendig einerseits individuell die Menschen in ihrem Verständnis für ihre Gesundheit zu verstehen und andererseits die soziologische Wirkungszusammenhänge von somatischen Erkrankungen zu verstehen. Dazu ist eine hermeneutische Methode, welche den kommunikativen Sprachgebrauch berücksichtigt unerlässlich.

WARUM Habermas` WIE?

Habermas wird in seiner Hermeneutik der Subjektivität, der Sozialität und Intersubjektivität des Menschen gerecht, er schließt sich nicht aus oder versucht sie „weg-zu-methodisieren“, sondern er stellt sie bewusst in den Mittelpunkt seiner Methode und setzt sie in seinem zweiten Sprachmodus sogar voraus, um überhaupt verstehen zu können, da Sprache nicht nur als Ausdruck über etwas in der Welt dient (objektivierende Einstellung mit dem Geltungsanspruch auf Wahrheit), sondern auch als Ausdruck der Intention eines Sprechers (expressive Einstellung mit dem Geltungsanspruch der Wahrhaftigkeit) und als Ausdruck für die Herstellung einer interpersonalen Beziehung zwischen Sprecher und Hörer (regelkonforme Einstellung mit dem Geltungsanspruch der normativen Richtigkeit). Verstehen, was das Nachvollziehen und Beurteilen von Gründen von Aussagen meint, erfordert die Aufgabe der außenstehenden Beobachterposition und die aktive Beteiligung des Interpreten/des Subjekts am kommunikativen Handeln, da dem Interpreten nur auf diese Weise die Erschließung der Lebenswelt und des Kontextes seines „Beobachtungsgegenstandes“ und somit seiner Gründe möglich ist.

Habermas` Methode des Verstehens ist damit weder objektiv im Sinne von „subjektlos“ noch wertneutral und kontextunabhängig. Dieser Umstand hat zu Kritik, vor allem von Vertretern des Kritischen Rationalismus geführt. Habermas begegnet ihr, indem er Werte und Normen in seiner Methode offen legt und andere sozialwissenschaftliche Theorien, die ihre Gesellschaftsanalysen ohne normativen Bezug nicht preisgeben seinerseits kritisiert. Habermas ist der Ansicht, dass solche Theoretiker unredlich seien, da sie ihr Erkenntnisinteresse nicht explizit formulieren, aber behaupten objektive Ergebnisse vorlegen zu können . Für Habermas ist „reine Theorie, die aller praktischen Lebensbezüge entbunden (ist) Schein. Denn die Akte der Erkenntnis sind in Sinnzusammenhänge eingelassen, die sich in der Lebenspraxis, im Sprechen und Handeln bedürftiger Wesen erst konstituieren.“ (Ist das Zitat so wortwörtlich? Literaturangabe!)

Original: „Reine Theorie, die aller praktischen Lebensbezüge entbunden [ist], ist Schein.“

Die Stärke von Habermas` Methode liegt gerade darin, dass er in den drei Personen des zweiten Sprachmodus nicht nur dem Geltungsanspruch der Wahrheit sondern auch dem der Wahrhaftigkeit und normativen Richtigkeit gerecht wird. Indem er den Menschen als subjektives und soziales Wesen mit einbezieht, sogar voraussetzt, kann er den Menschen in seiner „Wahrheit“ besser erfassen. In der Bewertung der „rationalen Rekonstruktionen“ nach den „allgemein gültigen Rationalitätsstandards“ führt er alle drei Geltungsansprüche wiederum dem einen der Wissenschaft, nämlich dem der Wahrheit zu.

WARUM nicht nur Habermas` WIE?

Die Hermeneutik, wie sie Habermas beschreibt ist ein methodischer Zugang zur Betrachtung der Sprache, wie sie von Teilnehmern verwendet wird, um zu einem "gemeinsamen Verständnis einer Sache" (Habermas 1991, S.33) zu gelangen. Verstehen kann dabei nur durch die Teilnahme an einer kommunikativen Handlung erfolgen. Indem er auf einen vermeintlichen Einwand von Gadamer, die Hermeneutik sei keine Sache der Methode eingeht, distanziert sich Habermas scheinbar davon, dass die Hermeneutik außerhalb seiner Beschreibung einer aktiven Auseinandersetzung mit Sprache Geltung besitzt.
In seiner Einführung zu Gadamer gibt Grondin jedoch andere Gründe an als die prinzipielle Kritik an der Hermeneutik als Methode. Gadamer sieht neben der Methode auch das Verstehen als Geschehen, bzw. Geschehen-lassen an, einem Menschen kann es gelingen, zu verstehen, ohne aktive Interpretation von Ausdrucken. Dem Verstehen soll auch eine gewisse Rätselhaftigkeit belassen werden, weil er in der Methodologie des Verstehens eine Vergessenheit dieses Rätsels wittert. (vgl. Grondin S. 25)
Möchte man der Auffassung Gadamers Sympathie entgegen bringen, beschreibt die Methode von Habermas nur den Umgang mit einen Teil, wenn auch sehr wichtigen Teil des Verstehens. Es ist die aktive Arbeit des Interpretierens der Bedeutung von Sprache.
Aber räumt die Methode von Habermas nicht doch implizit ein, dass eine gewisse Form des Geschehen-lassens letztendlich notwendig ist um seinen hermeneutischen Arbeitsprozess, der keine Sicherheit zulässt (alle rationalen Rekonstruktionen haben nur einen hypothetischen Status (Habermas, 10), innerhalb eines Verständigungsprozesses gibt es keine Enscheidung darüber, wer von wem zu lernen hat (Habermas, 5)), zu beenden um ihn zumindest für einen gewissen Zeitraum ruhen zu lassen?
Verstehen als Geschehen-lassen könnte als Interaktion des Menschen mit der Welt als Ganzes und mit Verstehen von etwas Ganzem betrachtet werden. Während Sprache eine Differenzierung des Ganzen in abgrenzbare Teile darstellt, werden durch Verstehen als Geschehen-lassen größere Zusammenhänge innerhalb von Systemen durch den Menschen verstanden. In der Kunst beispielsweise produzieren Menschen verstehbare Artefakte über komplexe Zusammenhänge des Lebens oder Befindlichkeiten von Gesellschaften für die bis dahin keine Worte existierten oder die in sprachlicher Form schwer oder gar nicht transportiert werden können. Eine Interpretation von Sprache ist diesem Verstehensakt nicht unbedingt vorausgegangen.
Verstehen sowohl als aktives Herangehen wie auch als Geschehen-lassen zu akzeptieren würde auch manchen Menschen in der Anwendung einer hermeneutischen Methode, wie der gegenständlichen helfen, die in einem konstruktivistischen Bildungsverständnis nur ihrem eigenen Beurteilungsvermögen als und ihrem Gefühl gehorchen und einen Konsens mit einem anderen Menschen als ungenügendes Ergebnis auffassen. „Die Unsicherheit und Ungewissheit, die durch eine vermeintliche Unabhängigkeit eines Orientierten vom Orientierenden in einer Verstehenshandlung entsteht“ (Rusch S. 63), könnte durch eine Kombination von aktiver Interpretation und Geschehen-lassen gelindert werden.
Gruppenprozess
Zum ersten Treffen in diesem Semester konnten nur drei Gruppenmitglieder kommen. Dabei wurden – im Anschluss an die „Eingangsstatements“ – erste Kritikpunkte zusammengestellt. Beim zweiten Treffen haben sich nach fast zweimonatiger Pause die vier weiblichen Mitglieder der Gruppe das erste Mal im neuen Semester wiedergetroffen. Ein inhaltliches Arbeiten war bei diesem Treffen nicht möglich, da wir uns zuerst über die letzten zwei Monate und das aktuelle Semester austauschen „mussten“. Dennoch haben wir die weitere Vorgehensweise geplant: Wir wollen uns – wenn möglich – wöchentlich treffen, um die erste Gruppenarbeit bis spätestens Mitte Mai abzugeben, damit uns die Fertigstellung der zweiten Arbeit bis 22. Juni gelingt, da dann ein Gruppenmitglied auf Urlaub und wenig später die anderen in andere Bundesländer fahren. Bei unserem dritten Treffen waren wir zu fünft, also wieder vollzählig, ein Umstand, der von allen sehr positiv bewertet wurde. Die Kritikpunkte des ersten Treffens wurden gemeinsam mit den ersten Internetstatements wieder aufgegriffen und punktuell eingehender diskutiert. Ein Gruppenmitglied schrieb die Diskussionsergebnisse zusammen und verschickte sie als Basis für das nächste Treffen an die KollegInnen. Beim nächsten Treffen kamen die anwesenden Mitglieder ein kleines Stück weiter und fassten dieses wieder zusammen. Ein Gruppenmitglied konnte durch das Lesen von Zusatzliteratur herausfinden, dass der normative Orientierungspunkt von Habermas eine herrschaftsfreie Gesellschaft ist. Bei den nächsten Treffen wurden weitere Gesichtspunkte diskutiert. Zudem besprachen wir nochmals unsere Kritikpunkte und mögliche Begründungen für die bevorstehende Lehrveranstaltungseinheit (Textbesprechung von Habermas).
Die Besprechung des Textes von Habermas war für uns „ernüchternd“ und zugelich sehr hilfreich, da wir merkten, dass unsere Kritikpunkte sich zu sehr auf einzelne Dinge (z.B. gemeinsame Sprachgemeinschaft, gleicher Status, usw.) konzentrierten und wir bis jetzt die falsche Richtung eingeschlagen hatten. Beim nächsten Treffen nahmen wir sozusagen eine „Kursänderung“ vor. Wir fanden innerhalb einer Einheit, die sehr anstrengend war, eine neue Linie und neue Kritikpunkte mit möglichen Begründungen. Ein Gruppenmitglied brachte dabei einen Kritikpunkt vor, dem die anderen nur schwer folgen konnten. Der darauffolgende Tutoriumstermin half uns sehr im Vorankommen. Einerseits sahen wir uns in unserer neuen Linie bestätigt und andererseits machte uns die Tutorin immer wieder auf die Begründungspflicht aufmerksam. Wir teilten uns dann die Kritikpunkte auf, sodass jeder einen Punkt mit den besprochenen Begründungen ausformulieren sollte. Zwei Kritikpunkte haben wir für die pädagogische Kritik ausgemacht und werden bei der ersten Arbeit nicht näher darauf eingehen. Wir verfolgten immer noch das Ziel, die Arbeit vor dem eigentlichen Abgabetermin fertig zu haben. Vor der Fragestunde gedachten wir jedoch nicht die Arbeit abzuschicken. Beim nächsten Treffen, welches zur Besprechung der geschriebenen Punkte diente, kamen wir nicht so schnell voran wie wir gedacht hatten. Die Formulierung und Begründung der Kritikpunkte gestaltete sich doch schwieriger als wir dachten. Beim zweiten Kritikpunkt diskutierten zwei Gruppenmitglieder eingehend, die zwei anderen konnten ihnen irgendwann nicht mehr folgen.


Literaturverzeichnis
Habermas, Jürgen: Moralbewusstsein und kommunikatives Handeln. – Frankfurt am Main: Suhrkamp 19914, S. 29-42.
Gebhard Rusch, Verstehen verstehen, Ein Versuch aus konstruktivistischer Sicht, in: Zwischen Intransparenz und Verstehen, Hrsg. Luhmann, Schorr, Suhrkamp 1986, ISBN 3-518-28172-0
Jean Grondin, Einführung zu Gadamer, UTB Mohr Siebeck 2000
Detlef Horster, Jürgen Habermas zur Einführung, Junius 2001, 2. Aufl.
Vgl. Habermas S. 9
Habermas S. 9
Habermas S. 9
Vgl. Skriptum WS 4. Termin
Vgl. Habermas S. 3
Vgl. Höster 2001, S. 17f
Habermas, Kultur und Kritik 1973, S. 244, zit. n. Höster 2001, S. 17 f
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Autor: Mira Angermann; Publiziert von: Mira Angermann (angermann_mira)
factID: 1101855.1; Publiziert am 30 Mai. 2007 21:00