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Rauchen am Arbeitsplatz
 
Der Zigarettenkonsum stellt heute in den Industrieländern das bedeutendste Gesundheitsrisiko und die führende Ursache frühzeitiger Sterblichkeit dar. Die Krankheitsbelastung durch den Zigarettenkonsum und ihr Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit sind in ihrem Ausmaß historisch beispiellos. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben weltweit jährlich vier Millionen Menschen vorzeitig an den Folgen des Zigarettenkonsums, dies bedeutet alle 9 Sekunden ein Todesfall. Im 20. Jahrhundert sind weltweit über 100 Millionen Menschen an den Folgen des Zigarettenkonsums gestorben, in Österreich sind es jährlich 14 000 Menschen.

Rauchen ist heute die wichtigste vermeidbare Ursache von Krankheit und vorzeitigem Tod. Die Hälfte aller Raucher wird an den Folgen ihrer Sucht sterben, ein Viertel zwischen dem 35. und dem 69. Lebensjahr - das bedeutet eine durchschnittlichen Abnahme der Lebenserwartung um 20 bis 25 Jahre. Rauchen ist nicht nur ursächlich für den Großteil der Lungenkrebserkrankungen (und anderer Tumorerkrankungen), sondern auch für die Entstehung und Verschlechterung von Herz-, Kreislauf- und Atemwegserkrankungen verantwortlich.

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In Österreich rauchen nach den letzten vorliegenden Zahlen 36% der Männer und 23% der Frauen, also rund 2,3 Millionen Menschen. Beunruhigend ist vor allem die Entwicklung bei Jugendlichen. Die Rauchanfänger werden immer jünger, besonders die Mädchen: Im Alter von 15 Jahren rauchten in Österreich 1998 26% der Mädchen und 20% der Burschen täglich, 36% bzw. 30% wöchentlich; für Mädchen ist dies nach Grönland die weltweit höchste Quote!
Seit dem 1.1.2001 ist die Nikotinabhängigkeit auch in Österreich eine anerkannte Suchtkrankheit (ICD 10, siehe Kasten). Das ist ein wichtiger Faktor für den Umgang mit der Rauchenentwöhnung: Nikotinersatzprodukte erleichtern Entwöhnungswilligen RaucherInnen erheblich die Zigaretten-Abstinenz, weil die Nikotin-Entzugserscheinungen (Konzentrationsstörungen, Unruhe, Nervosität, gereizte Stimmung, etc.) dadurch erhebnlich reduziert werden.

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Anti-Tabak-Politik

Angesichts dieses Ausmasses tabakbedingter Folgen und zahlreicher evidenzbasierter Nachweise für die Wirksamkeit umfassender Massnahmen der Tabakkontrolle ist politisches Handeln dringend erforderlich. Internationale Erfahrungen zeigen, dass sich eine nationale koordinierte Anti-Tabak-Politik bewährt, die mehrere Ebenen der Prävention abbildet, nämlich bevölkerungsweite Strategien sowie zielgruppen- und settingspezifische Kampagnen, die den Einstieg ins Rauchen verhindern sollen sowie persönliche Kommunikation, Beratung und Behandlung für aufhörwillige RaucherInnen.
Tabakkontrollprogramme wie z.B. die National Tobacco Strategy Australiens lassen erkennen, dass nur langfristig finanzierte und umfassende Programme der Tabakkontrolle wirksam sind, die der Staat aktiv unterstützt (siehe Kasten). Ressortübergreifende Maßnahmen sind nötig, um den Tabakkonsum und damit Krankheit und Tod wirksam zu bekämpfen.
Zahlreiche Organisationen (Weltgesundheitsorganisation, Weltbank, Cochrane Collaboration, Centres of Disease Control) haben die vorhandene Evidenz für die Wirksamkeit einzelner Massnahmen der Tabakkontrolle systematisch überprüft. Alle stimmen darin überein, dass nur realistisch und langfristig finanzierte umfassende Programme der Tabakkontrolle den Tabakkonsum bei Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen senken können. Jede einzelne der dargestellten Maßnahmen kann dazu beitragen, die Raucherquoten und den Pro-Kopf-Konsum von Tabakprodukten zu senken, eine deutliche und nachhaltige Verringerung des Tabakkonsums kann jedoch nur mit einer Kombination der genannten Maßnahmen erreicht werden.

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Es liegt auf der Hand, dass eine wirksame Tabakkontrolle nicht von der Gesundheitspolitik allein erreicht werden kann, finanz- und wirtschaftspolitische Maßnahmen sowie die Verbraucherschutzpolitik sind ebenso essentiell. Auch Sie als ArbeitsmedizinerIn oder ArbeitspsychologIn können einen wertvollen Beitrag zur Raucher-Prävention und Gesundheitsförderung Ihrer KundInnen leisten.

Rauchen am Arbeitsplatz

Rauchen am Arbeitsplatz beeinträchtigt nachweislich signifikant die Leistungsfähikeit der MitarbeiterInnen (z. B. durch mehrere „Rauchpausen“ pro Arbeitstag), hat also deutlich negative Auswirkungen auf die Produktivität der rauchenden MitarbeiterInnen. Rauchen ist auch ein wichtiges Problem für das betriebliche Gesundheitsmanagement, weil RaucherInnen durchschnittlich 1,3 mal häufiger im Krankenstand sind als NichtraucherInnen.

Zusätzlich zu den gesundheitlichen Folgen des Passiv-Rauchens, die mittlerweile gut erforscht sind, ist die Geruchsbelästigung für NichtraucherInnen durch kalten Rauch. Passiv-Rauchen bedeutet für die meisten NichtraucherInnen eine deutliche Beeinträchtigung des Lebensqualität, weil nicht nur die Atemluft durch übelriechende Chemikalien verschmutzt wird, sondern auch die am Arbeitsplatz getragene Kleidung am Ende des Arbeitstages nach Rauch stinkt. Außerdem ist nicht argumentierbar, warum NichtraucherInnen schmerzende Augen, Reizungen der Nasenschleimhaut oder Halsreizungen durch mutwillig erzeugte Luftverschmutzung durch RaucherInnen hinnehmen sollen. Noch dazu, wo Passiv-Rauchen nachweislich die Gesundheit der NichtraucherInnen schädigt.

Verstärkter NichtraucherInnenschutz nach dem AschG (2002)

Im reformierten ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (2002) wurde der Nichtraucherschutz verstärkt, und viele Unternehmen interessierten sich in der Folge für arbeitspsychologische und arbeitsmedizinische Angbote in dieser Richtung. Bis 2001 galt das Rauchverbot in nur von Betriebsangehörigen genutzten Arbeitsräumen dann nicht, wenn Nichtraucher und Nichtraucherinnen durch eine verstärkte Be- und Entlüftung des Raumes ausreichend geschützt werden können. Diese Einschränkung ist entfallen, sodass ein absolutes Rauchverbot gilt, wenn Raucher bzw. Raucherinnen und Nichtraucher bzw. Nichtraucherinnen gemeinsam in einem Büroraum oder einem vergleichbaren Arbeitsraum arbeiten müssen. Zu beachten ist aber, dass das nur dann gilt, wenn der Raum nur durch Betriebsangehörige genutzt wird (§ 30 Abs. 2).

Was können Sie tun?

In der Literatur findet man viele Strategien, die versucht haben, das Rauchen der MitarbeiterInnen am Arbeitsplatz einzuschränken. Sogar dort, wo Rauchen bzw. offenes Feuer eine veritables Unfallrisiko für die dort arbeitenden Menschen darstellt, und allein aus sicherheitstechnischen Gründen streng verboten ist.. Die einzige erfolgreiche Strategie ist ein absolutes Rauchverbot, das von allen Entscheidungsträgern unterstützt wird, und das mit aller Konsequenz exekutiert wird. Hier ist es aber nun wichtig, dass Sie den zwangsweisen oder freiwilligen Ex-RaucherInnen als ArbeitsmedizinerInnen und ArbeitspsychologInnen Angebote machen können: Raucherberatung, um RaucherInnen über ihre individuellen Gesundheitsrisiken zu informeiren, z. B. in Kombination mit Übergewicht, zu wenig Bewegung, Einnahme der „Pille“ als Orales Kontrazeptivum). Eine rauchfreie Arbeitsumgebung hat wissenschaftlich erwiesen sehr positive Auswirkungen auf das allgemeine Rauchverhalten: Es erhöht die Anzahl erfolgreicher Entwöhnungsversuche, weil sie die Aufrechterhaltung der Abstinenz erleichtert. Evidenzbasiert kann belegt werden, dass die Schaffung rauchfreier Arbeitsplätze, rauchfreier öffentlicher Einrichtungen und rauchfreier öffentlicher Verkehrsmittel zu einer Verringerung der RaucherInnenquote und zur Reduzierung des Pro-Kopf-Konsums von Tabakprodukten führt (z. B. in Austrialien – australische Standards der Anti-Tabak-Politik).

Ihre Zielgruppe

Grundvoraussetzung für die Teilnahme an einer ambulanten und stationären Rauchertherapie ist eine sogenannte “dissonante“ Einstellung zum eigenen Rauchverhalten. Die Betroffenen rauchen zwar, aber eigentlich wollen sie mit dem Rauchen aufhören – weil sie wissen, dass Rauchen ungesund ist und / oder weil das Rauchen teuer ist und / oder sie am Arbeitsplatz nicht rauchen dürfen, etc.

Die Messung der Nikotinabhängigkeit, die unter österreichischen Rauchern mit dem Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit (FTND) erhoben wurde, ergab folgendes: 37 % der RaucherInnen in Österreich sind deutlich nikotinabhängig. Sie erreichen Testwerte von 5 und mehr, was bedeutet, dass ihr Rauchverhalten – neben psychologischen Variablen – deutlich durch physiologische Faktoren wie Nikotinabhängigkeit aufrechterhalten bleibt. Die Anzahl der RaucherInnen in Österreich, die mit dem Rauchen aufhören wollen liegt bei ca.440.000. Aufhörwilligen RaucherInnen können Sie viele Angebote machen:

Ambulante Raucherentwöhnung

Darüber hinaus können Sie aufhörwillige Rauchernnen über Unterstützungsangebote informieren: Ambulante Raucherentwöhnung, wie sie z. B. die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse nach dem wissenschaftlich fundierten Modell des Instituts für Sozialmedizin (entwickelt von Prof. Dr. Rudolf Schoberberger und Prof. Dr. Michael Kunze) kostenfrei anbietet. Diese ambulante Raucherentwöhnung beinhaltet als zentrales Angebot gesundheitspsychologische Beratung sowie Ernährungsberatung und Gruppenabende, die von kompetenten GesundheitspsychologInnen geleitet werden.

Stationäre Raucherentwöhnung

Das Modell der stationären Raucherentwöhnung richtet sich an Raucher mit ausgeprägter Nikotinabhängigkeit (Fagerströmwert ab 5) und tabakassoziierten Erkrankungen (z. B. COPD, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ...), die schon mehrere Aufhörversuche hinter sich haben.

Starken Rauchern wird die Möglichkeit geboten, sich im Rahmen eines dreiwöchigen Kuraufenthaltes in der Gesundheitsvorsorgeeinrichtung "Josefhof" der Versicherungsanstalt der österreichischen Bergbaus bei Graz einer Rauchertherapie zu unterziehen. Die Erfolgsquote liegt beim Verlassen des Josefhof, also nach drei Wochen Stationärer Raucherentwöhnung bei 100%, nach einem Jahr sind noch immer 55 bis 60% konsequente NichtraucherInnen. Das ist bei ehemals schwer Nikotinabhängigen ein großer Erfolg ist, aber auch eine deutliche Reduktion des Zigartettenkonsums kann als gesundheitlicher Erfolg gewertet werden.
Das Programm der stationären Raucherentwöhnung wurde ebenfalls von Prof. Dr. Rudolf Schoberberger vom Institut für Sozialmedizin entwickelt und umfasst Gruppentraining und Einzelgespräche mit GesundheitspsychologInnen (Verhaltenstherapie), Sport und Bewegungseinheiten, Entspannungstraining inclusive Biofeedback, Vorträge (Ernährung, Stress, Bewegung ...), Diätetische Beratung und Schulung sowie Physikalische Therapien zur Steigerung des körperlichen Wohlbefindens.

Nach dem Kuraufenthalt gibt es zur Nachbetreuung monatliche „jour-fixe“ Treffen in der Wiener Gebietskrankenkasse, sowie eine Telefon-Hotline zum Josefhof. In bestimmten Fällen kann auch ein Krisengespräch im Wiener Nikotininstitut oder direkt am Josefhof in Anspruch genommen werden. Bei Rückfällen kann man auf Selbstzahlerbasis an einem zweiten Aufenthalt im Josefhof teilnehmen.

Am Josefhof bekommen derzeit 100 Personen der Wiener Gebietskrankenkasse, 40-60 Personen der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen, rund 20 Personen der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues und in Einzelfällen Versicherte der gewerblichen Wirtschaft und der BVA pro Jahr eine stationäre Raucherentwöhnung bewilligt. Nach dem Modell "Josefhof" bieten mittlerweile auch die Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten (BVA) im Therapiezentrum Buchenberg bei Waidhofen/Ybbs bzw. die oberösterreichische Gebietskrankenkasse in Bad Schallerbach (Linzerheim), Bad Ischl (Haus Tisserand) sowie Bad Goisern (Hanuschhof) eine stationäre Raucherentwöhung an.


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Autor: Mag. Marion Venus; Copyright: Mag. Marion Venus; Publiziert von: Marion Venus (Marion_Venus)
factID: 151492.3 (...Archiv); Publiziert am 14 Jul. 2004 14:58